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Teaser Geburtsbericht

Die Woche war etwas turbulent, aber nun schaffe ich es endlich mal einen Geburtsbericht für euch zu schreiben. Denn immerhin ist das Minikröhnchen nun schon 3 Wochen bei uns, da wird es langsam Zeit :D Wie ich die verschiedenen Etappen der Geburt erlebte, erfahrt ihr nun also hier :)

Die Eröffnungsphase – Der holprige Anfang

„Nimm ein Bad, das entspannt dich.“

Auch wenn das Minikröhnchen am 22.09. das Licht der Welt erblickte, beginnt diese kleine Geburtsgeschichte eigentlich schon am Mittwoch, dem 21.09. Ich nähte ein kleines Set für ein Babymädchen, welches in den nächsten Tagen ebenfalls geboren wurde für eine Insta-Mama unter dem Motto „Nähen unter Wehen“. Aber so richtig war es noch nichts, das wusste ich. Immerhin hatte ich in dem Stadium schon zwei Fehlalarme ausgelöst und war so zwei mal frustriert aus dem Krankenhaus zurück gekehrt. Ein drittes Mal? Bitte nicht. Ich nähte und wehte also vor mich hin.

Nachmittags sagte David ganz nebenbei „Nimm doch mal ein Bad, das entspannt dich bestimmt ein bisschen.“ Mir war klar, dass Zweck des Ganzen nicht als Entspannung sondern als Einleitung dienen sollte. Aber nun gut, ein Bad würde sicher nicht schaden. David ließ also Wasser ein und hatte es mit der Temperatur mehr als gut gemeint, auch wenn er sich sicher war, dass es nicht heißer war als sonst. Ich kochte eine knappe Stunde vor mich hin – und es geschah nichts. Jedenfalls nicht mehr als vorher. Ich machte es mir also auf dem Sofa bequem. In den letzten Tagen hatte ich Davids Schal fertig gestrickt, nun begann ich mit der Mütze. Die wollte ich unbedingt noch fertig bekommen, ehe das Minikröhnchen kam. Ich strickte also vor mich hin, maß mit meiner Wehen-App (Ja, sowas hatte ich :D) die Abstände der Wehen und stellte irgendwann fest, dass die Abstände kürzer wurden. Ich horchte in mich hinein. Wurde es etwa doch stärker? Oder bildete ich mir das nur ein? Ich setzte mich auf den Pezi-Ball, der seit ein paar Tagen unser Wohnzimmer dekorierte und hüpfte darauf ein bisschen auf und ab. Mal sehen, was es bringen würde.

„Der hat noch Zeit und die nimmt er sich auch!“

Am späten Nachmittag telefonierte ich mit meiner Mutter, ganz klarer Fall von Kontrollanruf würde ich meinen :D Wir plenkelten ein bisschen vor uns hin, bis dann irgendwann von meiner Mutter der Satz kam „Na, der Kleine lässt sich ja ziemlich viel Zeit, was?“ Ich war genervt. Ich war noch nichtmal am ET, der war ja schließlich erst morgen. Und nun wurde dem armen Kind unterstellt, dass er sich Zeit ließ? Meine Reaktion war also nur ein schroffes „Warum? Termin ist morgen. Der hat noch Zeit und die nimmt er sich auch!“

So ganz vertraute ich darauf nach dem Bad und dem Pezi-Ball-Gehüpfe allerdings nicht mehr. Irgendwas war anders als die letzten Male. Die Abstände der Wehen lagen bei 5-6 Minuten und irgendwie hatte sich der Druck verändert. Es zog nicht mehr nur ins Becken, ich merkte wie dort richtig Druck entstand. Aber war es das jetzt schon? Nach den zwei Fehlalarmen war ich mir nicht sicher. Wollte noch keine Leute verrückt machen und behielt es erstmal für mich.

„Wir warten nicht mehr bis um 12.“

Abends sahen David und ich „Quantico“, unsere Mittwochabend-Serie. David merkte inzwischen wahrscheinlich auch, dass etwas anders war. Jedenfalls schickte er mich in jeder Werbung die Kellertreppe rauf und runter. Die paar Minuten nutzte ich also für einen Toilettengang, Treppensteigen und einen weiteren Toilettengang, denn ja meine Blase hielt gefühlt nur noch 50 ml stand. Je weiter der Abend fortschrat, desto mehr merkte ich, dass die Wehen stärker wurden.

Gegen 23.30 Uhr gingen wir ins Bett und David sagte zu mir: „Wenn die Wehen bis um 12 nicht weniger oder eher stärker werden, fahren wir ins Krankenhaus.“ Ich entgegnete ihm mit einem geschnauften „Mhhhm!“, denn inzwischen waren die Wehen nicht nur spürbar sondern für David anhand meiner Atmung auch hörbar. Die anderen Wehen musste ich auch schon veratmen, oder tat ich das, weil ich wusste dass man es muss? War es die letzten Male nötig gewesen? Keine Ahnung, dieses Mal machte mein Körper es jedenfalls automatisch. Meinen Vorsatz „Ich werde unter der Geburt nicht schreien/schimpfen/laut sein!“ sah ich langsam schwinden.

David schnappte sich sein Buch, ich rollte mich auf meine heißgeliebte Schlafwurst und atmete also vor mich hin. Eine Wehe kam. Die nächste Wehe kam. David klappte lachend das Buch zu. „Wir warten nicht mehr bis um 12.“, sagte er trocken. Und so schmiss ich mich in meine beste Jogginghose, ein T-Shirt von David und wir brachen auf in Richtung Krankenhaus.

„Gehen Sie spazieren, dann sehen wir uns wieder.“

Der Vorteil wenn man quasi um Mitternacht im Krankenhaus ankommt ist eindeutig, dass die rar gesäten Parkpläte leer sind. Alle! Wir hatten also freie Platzwahl, was sonst immer eher schwierig ist. Wir stiefelten an der Information vorbei. Gehen war OK, aber ich schnaufte inzwischen wie ein Pferd vor mich hin wenn eine Wehe kam. Im Kreißsaal war es dunkel, die Hebamme hatte scheinbar eine ruhige Nacht erhofft. Idiotischerweise erschlich mich ein schlechtes Gewissen, da ich das nun wohl eher nicht ermöglichen würde. Denn inzwischen war ich mir sicher, dieses Mal würde ich nicht ohne Baby nach Hause fahren.

Ich wurde ans CTG angekabelt, vorbildliche Wehen im Abstand von 4-5 Minuten. Spürbar, ja definitiv spürbar. Nach dem CTG untersuchte die Hebamme den Muttermund, der bei den Fehlalarmen immer nur fingerdurchlässig war. Jetzt musste da doch etwas anders sein! Aber nein, weiterhin nur bei einem Zentimeter. Ernsthaft?! Die Hebamme bestätigte, sehr früher Geburtsbeginn. Mein Ich-bin-ganz-leise-Vorhaben hatte sich somit komplett erledigt und ich fühlte mich wie eine Idiotin, dass ich tatsächlich daran geglaubt hatte. Die Hebamme schickte uns also los. „Gehen Sie spazieren, dann sehen wir uns in zwei Stunden wieder. Außer es wird vorher schlimmer, dann kommen Sie direkt.“

Eine Ärztin machte noch einen Ultraschall um die Kindslage zu überprüfen, zum Glück war es bei der Schädellage geblieben. Die Hebamme organisierte uns ein Zimmer auf der Station, wo wir uns auch noch einmal hinlegen konnten wenn uns danach war. Außerdem bekam ich etwas gegen die Schmerzen, das ich bei Bedarf nehmen konnte. Und dann machten wir uns auf den Weg.

„Wie spät ist es?!“

Wir spazierten also nachts gegen 2.00 Uhr eine gute Stunde durch die fast menschenleere Kleinstadt. Fast menschenleer, da sich vor einem Einkaufszentrum ein paar Jungendliche versammelt hatten, die wahrscheinlich genauso erstaunt über Gesellschaft waren wie wir. David holte Geld von der Bank ab, wir sahen zu wie ein Geschäft beliefert wurde und entdeckten ein Internet-Cafe, von dem wir uns fragten ob es sich noch rentiert. Während der Wehen hing ich mich bei David um den Hals, schnaufte die Wehen weg und wippte mit dem Becken hin und her. Irgendwie hatte mein Körper von allein entschieden, dass das genau so zu machen sei und ich ließ ihn machen. Immerhin war es so etwas einfacher und würde dem Baby sicher beim rutschen helfen.

Bei dem Gedanken, nun stationär aufgenommen zu sein und im Krankenhaus schlafen zu müssen, bekam ich einen verzweifelten Heulanfall vom Feinsten. Ich hasste Krankenhäuser! Und auch wenn ich mir eigentlich vorgenommen hatte, 3 Tage dort zu bleiben und mich sogar irgendwie darauf gefreut hatte, ich wollte nicht im Krankenhaus bleiben. David beruhigte mich immer wieder und irgendwann stand mein Entschluss, dass ich eben keine 3 Tage bleiben würde. So. Ich wollte früher gehen, wenn alles in Ordnung war. Inzwischen bekam ich tierischen Durst, aber an etwas zu trinken hatten wir natürlich nicht gedacht. In unserem Proviant-Täschchen befanden sich lediglich ein paar Äpfel, Müsliriegel, Traubenzucker und Salamisticks. Die waren quasi meine Belohnung, wenn die Geburt überstanden war. Wir fuhren also zur nächstbesten Tankstelle und kauften eine Flasche überteuertes Wasser, ehe es wieder ins Krankenhaus ging.

Dort angelangt machten wir uns auf den Weg zum Zimmer, das für uns vorgesehen war. Wir legten uns hin und versuchten zu schlafen, immerhin waren wir am Mittwoch um 08.00 Uhr aufgestanden und es war inzwischen fast 03.00 Uhr. Wir schafften es zu schlafen, sofern man mit Wehen im Abstand von 4 Minuten schlafen kann. Aber diese 4 Minuten fühlten sich teilweise an wie Stunden und ich fragte immer wieder „Wie spät ist es?!“ Ich wollte entdlich wieder in den Kreißsaal, wollte wissen wie Stand der Dinge war und ob der Muttermund sich geweitet hatte.

„Bis zum Mittag ist sehr optimistisch!“

Gegen 03.30 Uhr waren wir wieder im Kreißsaal, wo die Hebamme bereits auf uns wartete. Wieder CTG, mehr Wehen, stärkere Wehen, es ging voran. Dachte ich. Mein Muttermund sah es anders, weiterhin bei 1-2 cm. Wie bitte? Nun gut, immerhin hat der Himberrblättertee geschmeckt :D „Ich will Ihnen keine großen Hoffnungen machen, aber ich glaube bis zum Mittag haben Sie auf jeden Fall noch zu tun.“, sagte die Hebamme mit einem mitfühlenden Blick. „Bis zum Mittag ist aber sehr optimistisch!“, antwortete ich während ich nebenbei eine Wehe verschnieftanzte. Die Hebamme bot mir an, in die Wanne zu gehen. Sowas kann entspannen und die Geburt voran bringen. Ja, bitte! Wasser, Schwerelosigkeit, Wärme – das wollte ich jetzt unbedingt. Vorher mussten wir noch ein paar Runden durch Krankenaus drehen, da die Wanne erst gereinigt und dann eingelassen werden musste. Das würde eine Weile dauern.

Das war ca. der Zeitpunkt, an dem mich jegliches Gefühl von Zeit verließ. Wir liefen die Treppen bis in die 5. Etage hinauf, immer mit Pausen auf den Ebenen in denen ich die Wehen veratmete und wegtanzte. Runter fuhren wir mit dem Aufzug um dann nochmals die Treppen zu erklimmen. Ich weiß nicht mehr genau wie oft und wie lange wir das gemacht haben, es fühlte sich an wie eine Ewigkeit. Im Kreißsaal wurden wir noch einmal zurück geschickt, das Wasser sei noch nicht eingelassen. Also wieder Treppensteigen. Die Wehen waren inzwischen echt nicht mehr nett und mir graute schon von den richtigen Wehen, die kommen würden wenn das Baby durchs Becken rutschte.

Dann durfte ich in die Wanne. Da das Minikröhnchen momentan noch als Sternengucker in Position lag, gab die Hebamme mir den Tipp auf der Seite oder nach vorn gebeugt zu liegen, dann würde er sich vielleicht drehen. Gut, ich dümpelte also bäuchlings wie ein Wal im warmen Wasser vor mich hin. Unter den Wehen zog ich mich am Rand der Wanne hoch und wackelte im Wasser mit dem Becken herum, irgendwie brachte es mir was.

Ich weiß nicht wie lange ich dort hing, die nächste zeitliche Erinnerung war der Schichtwechsel um 07.00 Uhr. Die neue Hebamme, Vera, stellte sich mir vor und sie und die vorherige bestaunten meine Lage in der Wanne. Das sei ja so selten. Meistens würden die Frauen auf dem Rücken liegen und sich entspannen. Für mich war es allerdings tatsächlich so am angenehmsten. Also dümpelte ich weiter umher, David ließ nach und nach warmes Wasser nachlaufen und ich arbeitete mit meinen Wehen. Ich spürte deutlich, dass es voran ging.

„Langsam geht es voran!“

Eine Weile später kam Vera zurück zu uns, um meinen Kreislauf nicht zu sehr zu belasten würde sie mich gerne erstmal aus der Wanne holen. Später könnte ich jederzeit noch einmal rein gehen, aber erstmal sollte ich raus. Ja, OK, Meinetwegen. Wir gingen in den Kreißsaal nebenan, wo eine schönes Gebärbett war. So ein Superding, bei dem man verschiedene Ebenen individuell in der Höhe verstellen und kippen kann. Das Ding hatte ich schon bei der Besichtigung bewundert und war mir sicher, dass man hier schon irgendwie bequem ein Kind bekommen könnte. Vera schloss mich abermals ans CTG an, alles super. Wehenabstände bei 3 Minuten und ich klang langsam wie eine alte Seekuh oder sowas. Vielleicht auch ein Wal, das passte auch ganz gut. Sie untersuchte den Muttermund – und hurra! Der hatte sich auf 5-6 cm geweitet! Endlich, es ging voran und auch Vera nickte mir ermutigend zu „Langsam geht es voran!“

Ich war absolut erleichtert, ein weiterer Befund alá „füher Geburtsbefund“ hätte mich wahrscheinlich streiken lassen. Ich fragte Vera, was ich gegen die Schmerzen bekommen könnte. Ich wollte auf keinen Fall eine PDA, eigentlich auch keine Infusion. Eher sowas alternatives, homöopathisches, was mich ein bisschen besser mit den Schmerzen umgehen lässt. Sie zählte ein paar Dinge auf, die aber immer auch ein paar Nebenwirkungen hatten, die ich nicht wollte. Zum Beispiel irgendein Zeug, das mich fühlen ließ wie nach einem Glas Wein. Dieser düselige Zustand könnte sich allerdings auch aufs Baby auswirken und das wollte ich auf keinen Fall. Also hielt ich erstmal aus und vertagte die Entscheidung auf später. Stattdessen gingen wir auf Rat von Vera hin noch ein bisschen im Wehengarten spazieren.

„Ich bin jeden Tag zuhause!“

Spazieren war allerdings inzwischen nicht mehr so mein Ding, deshalb war ich froh als Vera zum nächsten CTG bat. Ich setzte mich in einen Relax-Sessel und döste dort vor mich hin. Wurde dann nochmal der Muttermund untersucht? Keine Ahnung. Um mit dem Schmerz etwas besser umgehen zu können wollte ich nochmal in die Wanne, Vera stimmte dem direkt zu und ließ Wasser ein. Irgendwie kam mir das dieses Mal wesentlich schneller vor als am Morgen. Gegen 12.30 Uhr hing ich also wieder wie der auflaufende Wal in der Wanne.

Irgendwann, ich weiß nicht mehr wann es war, verließ David den Raum. Ich bekam das mehr oder weniger deutlich mit, denn ich war elendig müde. Zwischen den Wehen nickte ich immer wieder ein, döste vor mich hin. Als er wieder kam, sagte er nur „Die Arbeit hat angerufen. Meine Versetzung ist durch, zum 04.10. Ich bin nun jeden Tag zuhause!“ War das zu fassen? Wie lange hatten wir auf diese Nachricht gewartet? Und gerade heute sollte das passieren, in dieser Situation? Dieser Tag konnte nur perfekt werden! Trotz der Wehen freute war ich glaube ich in der Lage Freude zu zeigen, auch wenn ich es noch nicht realisiert hatte.

„Das dauert keine 2 Stunden mehr.“

Die nächsten Stunden sind irgendwie schwammig, ich kann mich kaum an etwas erinnern. Ich weiß nur, dass ich immer wieder ans CTG angeschlossen wurde. Ich verließ die Wanne, spazierte im Garten, hüpfte auf dem Pezi-Ball, döste im Sessel und tanzte immer wieder unter akustischer Begleitung meine Wehen weg. Inzwischen war es angenehmer zu wippeln, statt zu kreisen. Es war heftig, ich wollte endlich etwas tun. Vera leitete mich an während der Wehen wie ein Pferd zu schnaufen. Oder zu brummen.

Ständig sagte ich Sachen wie „Ich kann das nicht mehr, ich halte das keine 2 Stunden mehr aus!“ Und immer wieder beruhigte David mich mit: „Du schaffst das, du machst das super! Das dauert bestimmt keine 2 Stunden mehr!“ Ich weiß nicht genau wann ich damit anfing, vielleicht um 12.00 Uhr, vielleicht auch erst um 14.00 Uhr. Ich weiß nur, dass diese Aussage „Keine 2 Stunden mehr!“ mir immer wieder Kraft gab und voran trieb. Auch, wenn es letztendlich noch weitaus länger gedauert hat :D

Die Übergangsphase – Warum auch einfach?

„Ist das jetzt WIRKLICH die Übergangsphase?!“

Irgendwann, ich hing gerade wieder am CTG, entschied ich mich dann für eine Infusion mit Schmerzmitteln. Ich weiß nicht mehr welches es war, ich war einfach nur froh dass ich etwas bekam. Aber im Nachhinein bin ich mir nicht mehr sicher, ob es etwas gebracht hat. Schwammig, wie schon erwähnt sind die Erinnerungen tatsächlich so gut wie weg. Vera untersuchte den Muttermund und kommentierte mit „8-9 cm, wir sind jetzt also auch schon in der Übergangsphase.“ Wie, was? Dann war es fast geschafft? Ich hatte mich im Voraus intensiv mit den Phasen der Geburt beschäftigt. Und über diese Phase wusste ich, dass sie kurz und heftig sein sollte. Bald würde ich es geschafft haben! „Ist das jetzt WIRKLICH die Übergangspahse?!“, fragte ich Vera immer wieder. Ich konnte es nicht fassen, ich war tatsächlich fast am Ende! Dachte ich zumindest.

Ich schnaufte weiter wie ein Pferd, irgendwann hing ich über der Lehne des Gebärbetts und hatte immer mehr mit den Wehen zu kämpfen. Ich sagte Vera, dass ich das Bedürfnis hätte mitzuarbeiten. Noch war es dafür allerdings zu früh, sagte sie. Aus dem anfänglichen Schnaufen wurde irgendwann ein Schreien, so viel also zu den guten Vorsätzen. Irgendwann rief ich wahrscheinlich etwas wie „Hilf mir doch bitte!“ Daraufhin kam eine weitere Hebamme ins Zimmer und sagte mir, ich solle tiefe Geräusche von mir geben, nicht zu hoch. Die würden in den Kopf gehen und ich müsse besser in den Bauch atmen. Mach ich alles, solang es hier nur bald ein Ende hat.

„Darf ich bitte mitmachen?“

Ich hing so eine Weile, eine gefühlte Ewigkeit. Wie lange genau weiß ich nicht, Zeitgefühl ist nicht mehr vorhanden. Ich brummte, summte, muhte und uhute. Ja, genau. Idiotischerweise versuchte ich während der Wehen witzig zu sein und gab Tierlaute von mir. Irgendwann sagte ich sogar etwas zu David, was weiß ich nicht mehr, und wiederholte das gleiche mit tiefer Stimme. Weil, ich sollte ja nicht mit zu hoher Stimme arbeiten und in den Bauch atmen. Keine Ahnung ob wer gelacht hat, aber in dem Moment fand ich es witzig. Die Wehen drückten immer mehr.Ich wollte mitarbeiten! Ich wollte dem Druck nachgeben. Ich spürte, dass ich es musste! „Darf ich bitte mitmachen?“, fragte ich Vera. Und ich durfte. Endlich durfte ich mitarbeiten! Die Übergangsphase war also überstanden.

Austreibungsphase – Erst ganz langsam, und dann mit nem Ruck

„Ich bleibe, bis er da ist.“

Ich presste also fortan mit den Wehen und es ist tatsächlich so, dass es viel besser war als das Pferdeschnaufen vorher. Denn ich konnte endlich etwas machen! Ich musste nicht nur warten, bis die Wehe vorbei war. Ich konnte aktiv mitarbeiten und das tat unglaublich gut. Ebenso wusste ich natürlich, dass es nun wirklich nicht mehr lang dauern konnte und das 2-Stunden-Versprechen wurde immer realistischer. Ich hing nach wie vor über der Lehne des Bettes, atemte und presste und wollte einfach nur, dass es vorbei war. „Schön in den Bauch atmen!“, sagte Vera immer wieder, was zu einem Mantra für  mich wurde.

Obwohl ich wusste, dass es voran ging fühlte es sich nicht so an. Ich hing eine gefühlte Ewigkeit dort herum, presste und atmete und jammerte vor mich hin. Irgendwann kam eine neue Hebamme rein, Schichtwechsel. Es war gegen 19.00 Uhr und Vera sagte etwas wie „Ich bleibe noch nebenan im Zimmer, bis er da ist. Ich muss ihn ja noch kennenlernen!“ Die neue Hebamme leitete mich an, mich anders hinzulegen. Auf die Seite, unter der Wehe das obere Bein anwinkeln und zum Bauch ziehen. Kein Problem, wenn es dann voran geht. Ich mach alles. In der Hinsicht war der Schichtwechsel Gold wert. Vera war eine super Hebamme, ich habe mich absolut wohl mit ihr gefühlt. Aber Mara, die neue Hebamme, brachte frischen Wind in die ganze Sache und gab genaue Anweisungen, wie was zu machen sei. Und das war genau das, was ich in dem Moment brauchte.

„Ich will doch einfach nur schlafen!“

Immer mehr merkte ich, wie es während der Wehen im Unterleib zog und zerrte. Ja, da wollte jemand ganz unbedingt raus. Der Schmerz war furchtbar, wenn auch ein ganz anderer als in der Übergangsphase. Ich wollte nicht mehr, ich konnte nicht mehr. Und das sagte ich auch immer wieder. „Ich will doch einfach nur schlafen!“, schrie ich zwischen und während der Wehen. Und tatsächlich, zwischen den Wehen schaffte ich es immer wieder wegzunicken. Ich war erschöpft, müde, kaputt. Ich wünschte mir, dass das nun endlich vorbei ist und ich schlafen kann. Meine Ruhe habe. Ich war so müde.

Irgendwann kam die Ärztin dazu, die bei der Geburt dabei sein sollte. „Wenn die Ärztin da ist, ist es fast vorbei, oder?“, fragte ich hoffnungsvoll. Und David sagte beruhigend: „Ja, es ist fast vorbei.“ Er sagte so viele Dinge, die mich beruhigten und aufmunterten, die mich antrieben und mir Kraft gaben. Ich sagte auch einige Dinge zu ihm, die ich wahrscheinlich bereuen würde, wenn ich mich genau dran erinnern könnte. Ich glaube sogar, dass der Satz „Du bist daran Schuld!!!“ fiel. Aber ich bin mir nicht sicher. Ich bin auf jeden Fall dankbar, dass er dabei war und mich aufmunterte, meine Nörgeleien und mein Gejammer aushielt und die ganze Zeit mein Ruhepol war. Ohne ihn, wäre das ales weitaus unschöner gewesen.

„Der Kopf ist schon zu sehen, so viele Haare!“

Ärztin und Hebamme waren nun beide ständig bei mir, unterhielten sich, sahen sich an. Die Ärztin fummelte irgendwas an mir herum, es piekste kurz. Ich fragte vollkommen erschöpft, was das war. Eine Akupunktur-Nadel, damit das Dammgewebe sich besser dehnt. Aha. Ok. Just for Info, es hat nichts gebracht. Dammriss zweiten Grades, Juhu! Und das ist nur einer der Risse, die mir das Minikröhnchen bescherrt hat. Aber ehrlich? Ich habe vom Riss an sich nichts gespürt. Gar nichts. Ich spürte nur diesen Druck, den ich immer wieder nachdrückte. Irgendwann schaffte ich es während einer Wehe 3 mal zu pressen, mein Körper lief auf Hochtouren. Ich war zwar müde, aber mein Körper war voller Energie um diesem Kind auf die Welt zu helfen.

Der Kopf hing eine ganze Weile quasi vorm Ausgang, es ging voran aber gefühlt sehr langsam. Immer wieder fragte ich, ob man schon was sehen würde – im Nachhinein ist mir das irgendwie peinlich. „Ja, der Kopf ist schon zu sehen! So viele Haare!“, sagte die Hebamme. Es ging voran, es war fast geschafft. Dann kamen noch ein paar Wehen. Mara leitete mich immer wieder an „Noch einmal pressen! Tief Luft holen und noch einmal pressen!“ Dann kam sie, diese Wehe. diese eine entscheidende. Ich presste, Mara und David spornten mich an. „Ja, ja! Der Kopf ist da, wenn du kannst press noch ein mal!“ Und ich presste. Ich presste was das Zeug hielt, ich nahm alle meine Kraft zusammen.

„Er ist da!“

Und dann der Schrei. Dieser Schrei, auf den ich so lange gewartet hatte. Die Ärztin sagt „19.33 Uhr.“ und ich begreife nicht so recht, was sie damit sagen will. Dann wird mir dieses winzige Menschlein auf die Brust gelegt und ich verstehe. 19.33 Uhr, der Moment in dem unser Sohn geboren wurde. „Er ist da! Unser Baby ist da!“ sage ich immer wieder zu David und bin überglücklich. Vollkommen benommen, erschöpft und glücklich liege ich auf dem Bett. Mir ist egal, wie anstrengend es war. Wie lange es gedauert hat. Ich bin einfach nur foh, dass mein Baby da ist.

Vera kommt ins Zimmer und gratuliert uns, auch Mara und die Ärztin gratulieren uns. Und ich bedanke mich mehrmals bei ihnen. „Wir haben nichts gemacht, das warst alles du.“, sagt Mara und in dem Moment bin ich das erste Mal stolz. Stolz auf mich, auf das was mein Körper geleistet hat. Die Ärztin näht meine Risse, während David der Hebamme beim Messen, Wiegen und Anziehen zusieht und dann die erste Kuschelzeit mit dem Minikröhnchen hat. 3470 Gramm und 54 cm pures Glück liegen dort bei ihm und ich bin unsagbar glücklich beim Anblick der beiden.

Seither bereichert das Minikröhnchen Tag für Tag unser Leben. Und auch wenn nicht immer alles rosarot mit Glitzer und Sonnenschein ist, so bin ich jedes Mal ein Stück verliebter in diesen kleinen Menschen. 3 Wochen ist er nun schon bei uns, 25 Tage. Und jeder einzelne war wundervoll und besonders. Und schon jetzt hat er eine eigene kleine Persönlichkeit, hat sich so sehr verändert. Wir sind so verliebt in diesen kleinen Menschen und freuen uns auf das, was noch kommt :)

Sarah

Hi, ich bin Sarah. Ich bin von Herzen Mama vom Mini- und Pixikröhnchen, sehne mich aber hin und wieder nach Zeit nur für mich. Ich bin ein unruhiger Kreativkopf, muss und möchte mich immer beschäftigen. Ich liebe es zu nähen, zu backen und zu reiten, aber auch mal nichts zu tun.

4 Replies to “Geburtsbericht | Sicht der Mutter”

  1. Liebe Sarah,

    ich weiß gar nicht, was ich schreiben soll. Irgendwie bin ich immer noch geflasht. Ich habe beim Lesen so mit dir mitgefühlt!!! Aber zwei Sachen möchte ich sagen, oder sogar drei… Dir muss nichts peinlich sein, du sollst ruhig laut die Wehen veratmen und ggf. auch schreien ( dein Körper braucht ein Ventil) . Also von daher verstehe ich nicht ganz, warum man sich vornimmt nicht zu schreien… Aus meiner Erfahrung, und so klingt es auch bei dir, handelt man sowieso intuitiv! Zweitens: Toll das David dir so zur Seite stand, das ist wirklich eine unfassbar wichtige Stütze, und vor allem, toll, dass die Versetzung endlich durch ist! Und drittens: Ja, du kannst unfassbar stolz auf dich sein und jede Mutter wird sich mit dir freuen und ebenfalls stolz auf dich sein, denn du hast deinem Kind, dem Minikröhnchen, das Leben geschenkt…
    Liebe Grüße
    Sylvi

    1. Liebe Sylvi,

      Danke für deinen lieben Kommentar:)

      Das Vorhaben mit dem Leisesein finde ich im Nachhinein auch völlig idiotisch. Vielleicht kam dieser Gedanke daher, dass ich es im Allgemeinen nicht mag laut zu sein. In der Situation allerdings vollkommen unangebracht :D

      Liebe Grüße
      Sarah

  2. Mein lieber Schatz,
    ganz toll was und wie du das geschrieben hast. Ich kann dir eins verraten, du hast nicht einmal etwas böses gesagt und schon gar nicht etwas wie: „du bist schuld“.
    Es war ein perfekter Tag und jeder neue Tag mit euch beiden ist etwas ganz besonderes

  3. Liebe kleine Familie hab den Bericht gerade gelesen und kann nur sagen ihr seid ganz toll . Alle drei ganz toll . Ich war bei Davids Geburt dabei und hab mich einfach nur hilflos gefühlt sicher weil man das Gefühl hat man kann dem anderen nichts abnehmen . Das sieht die Mutter sicher anders weil der Partner durch seine Anwesenheit auch Kraft gibt aber ohne die Schmerzen zu spüren kommt uns das eben so wenig vor was man tun kann .
    War schön bei euch letztes Wochenende .
    Und !!!
    Du solltest schreiben.
    Liebe Grüße Ulli & Simona

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